Kampfschweine und Lemuren – Spiel-Charaktere aus Papiermaché
Manchmal werde ich gefragt, ob Papiermaché nicht eher was für Deko oder Kinderbasteleien sei. Wer das denkt, hat meine Kampfschweine mit Handgranaten noch nicht gesehen. Oder die bewaffneten Lemuren mit ihrer frechen Miene und schwerem Gerät. Dieser Auftrag war alles – nur nicht gewöhnlich.
Auftrag: Spielhelden in Über-Lebensgröße
Für eine große Spielemesse sollte eine beeindruckende Kulisse geschaffen werden. Die Spielentwickler wollten ihre neuen Charaktere nicht nur auf dem Bildschirm präsentieren, sondern im Raum zum Leben erwecken. In Über-Lebensgröße, zum Anfassen nah – und natürlich aus Papiermaché.
Als ich die Entwürfe der Figuren zum ersten Mal sah, musste ich kurz lachen: ein muskelbepacktes Schwein mit Stirnband, Granate in der einen und Gewehr in der anderen Hand. Und dann diese Lemuren – knopfäugig, pelzig, charmant… aber wehe, man unterschätzt sie.
Von der Skizze zur Figur
Die Arbeit an den Kampfschweinen und Lemuren war in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung – nicht nur künstlerisch, sondern auch ganz praktisch. Die Figuren sollten nicht ein witziges Highlight der Messe, sondern auch standfest und transportfähig sein. Für die Schweine habe ich ein stabiles Holzgerüst gebaut, mit einem Bauchumfang von gut einem Meter. Zum Auffüllen kamen unzählige Kartons, Zeitungen und natürlich jede Menge selbst gemachtes Papiermaché zum Einsatz. Drei Monate lang wurde geklebt, geschichtet und modelliert – immer mit langen Trocknungsphasen zwischendurch. Am Ende passten die dicken Kerle gerade so durch die Haustür. Die eigentliche Kunst liegt für mich aber in den kleinen Momenten, die einer Figur Charakter geben. Sie machen aus einem Haufen Papier etwas Eigenes. Dass ausgerechnet dieses fragile Material für schwer bewaffnete Fantasiewesen taugt, ist Teil des Reizes. Papiermaché und Panzerfaust – das klingt erstmal gegensätzlich, bringt aber genau die Mischung aus Ironie und Ausdruck, die ich so spannend finde. Und ja, auch jede Granate, jede Strahlenkanone wurde Stück für Stück von Hand modelliert und bemalt. Mit Ausdauer, einem Augenzwinkern – und jeder Menge Kleister.
Warum ich solche Aufträge liebe
Ich bin überzeugt: Kunst darf Spaß machen, überraschen und ruhig auch mal laut und schrill sein. Besonders, wenn sie mit einem so oft unterschätzten Material wie Papiermaché entsteht. Mich reizt die Herausforderung, aus einer flachen Vorlage eine lebendige, dreidimensionale Figur zu formen und vor allem, anderen zu zeigen, was mit Papiermaché alles möglich ist. Oft habe ich nur ein Bild – und viele Fragen: Wie sieht die Rückseite aus? Wie bewegt sich die Figur? Und vor allem: Trifft meine Interpretation das, was sich der Kunde vorgestellt hat? Gerade bei humorvollen, verspielten Figuren macht mir diese Arbeit besonders Freude. Sie bringt mich beim Modellieren oft selbst zum Schmunzeln – und wenn am Ende andere ebenso lachen oder staunen, hat sich die Mühe gelohnt. Auch wenn ich eher zum Team Frieden als zum Team Panzerfaust gehöre – diese leicht verrückten Wesen haben mir viel Spaß gemacht.


